“Glaube erweist sich im Tun!”
Durch zweifachen Blitzschlag nötig geworden, von einem König gestiftet und schon dreimal komplett umgestaltet: Die Pfarrkirche St. Johann Baptist in Kleinerdlingen bei Nördlingen kann auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Bei der Feier anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Kirchenweihe betonte Bischof Bertram am vergangenen Sonntag, dass die Nächstenliebe ein Grunddienst aller Getauften sei.
Ein Blick zurück in die Zeit des Kirchenbaus in Kleinerdlingen zeige, dass auch damals sich die Kirche zahlreichen Problemen stellen musste, so der Bischof eingangs in seiner Predigt. Im späten 18. Jahrhundert sei „die Vernunft“ über alles gestellt und der Mensch als Maß aller Dinge in den Mittelpunkt gerückt worden; Kirche und Religion waren in den Augen der Herrschenden nur mehr dazu da, um die Bevölkerung zu erziehen und moralisch im Sinne der Regierung zu bilden: „Alles Religiöse sollte verdrängt, der Glaube funktionalisiert werden“; dazu kamen anhaltende Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken gerade in der konfessionell gemischten Gegend um Nördlingen.
Diese Tendenz zur Überhöhung des Menschen und zur Funktionalisierung des Glaubens hin sei indes in veränderter Form auch eine Herausforderung der heutigen Zeit, betonte Bischof Bertram weiter. Der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts folge im Moment eine „digitale Revolution“, deren Ausgang bislang völlig offen sei und deren Entwicklungen eines konstruktiv-kritischen Diskurses und juristische Regelungsmechanismen bedürften. Dabei sei es auch Auftrag der Kirche, das Wort zu erheben: „Wo Menschen am Rande der Gesellschaft stehen, ausgebeutet und entrechtet werden, kann die Kirche nicht schweigen.“
“Glaube erweist sich im Tun!“, so der Bischof abschließend. Dabei dürfe die Arbeit am Nächsten nicht alleinige Aufgabe der institutionellen Caritas bleiben, sondern sei vielmehr ein „Grunddienst aller Getauften“, die auch „Täter des Wortes“ sein sollten und mit Worten des Trostes, der Ermunterung, des Lobes oder des Dankes dieses Werk der Nächstenliebe schon im Kleinen beginnen lassen könnten. Was aber in der Inschrift der Pfarrkirche von Kleinerdlingen zum Tragen komme, solle man auch im privaten Umfeld deutlich machen: „Die Verehrung gebührt allein Gott, dem Höchsten, dem Schöpfer von Himmel und Erde, dessen Abbild wir sind.“
Der Pontifikalgottesdienst war der feierliche Abschluss einer Festzeit, die bereits am 22. August, also am Tag der eigentlichen Kirchweih, mit einer Vesper eingeleitet wurde. Im Anschluss an den Festgottesdienst kamen die zahlreichen Besucherinnen und Besucher noch im Gemeindezentrum zusammen und einer Aufführung des katholischen Ortskindergartens St. Johannes beizuwohnen.
Ursprünglich stand die Pfarrkirche von Kleinerdlingen inmitten des Orts gleich neben dem dortigen Johanniterschloss, wurde aber durch zwei Blitzeinschläge im frühen 19. Jahrhundert so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass man sich unter der Schirmherrschaft des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph zu einem klassizistischen Neubau außerhalb der damaligen Dorfgrenzen entschied. Damit wollte der Monarch die Bevölkerung im erst kürzlich bayerisch gewordenen Ries für sich gewinnen und das katholische Element in der Region stärken. 1888 wurde die ebenfalls klassizistische Inneneinrichtung entfernt und durch Elemente der Neurenaissance ersetzt, die wiederum 1952 einer purifizierten Innenausstattung weichen mussten. In den vergangenen Jahren wurde die Neurenaissance-Einrichtung indes wiederhergestellt.
Text: Pressestelle Bistum Augsburg